
IZAH - Finite Horizon/Crevice
Ok, jetzt ist es an der Zeit, die Zweiklassengesellschaft auch bei Helldriver einzuführen: Wer sich nicht gerne in Gefilden unbändiger destruktiver Energie, kranker Elfminutensongs und weit abseits teurer Hochglanzproduktionen bewegt, braucht gar nicht erst weiter zu lesen. Für alle anderen kommt hier ein heißer Anwärter auf die Platte des Jahres! Aber fangen wir von vorn an… IZAH nennen sich die sechs jungen, experimentierfreudigen Musiker aus dem niederländischen Tilburg, die uns mit dieser, zwei Songs umfassenden EP einen Brocken Musik entgegenschleudern, der seinesgleichen sucht: Einer alles zermalmenden Dampframme ähnelnd, eröffnet das erste der beiden gigantischen Songkonstrukte den Trip in die dunkelsten, sowie emotionalsten Abgründe extremer Musik. Durch coole Tempoverschiebungen und fette Übergänge aneinandergekoppelt, folgt ein Monster-Schlepp-Riff auf das andere und hinterlässt nichts, außer totaler Zerstörung und Depression. Eine super angepisste Stimme scheint sich aus den düstersten Tiefen des Frusts und der Hoffnungslosigkeit ihren Weg bis in unser Ohr zu bahnen, um sich allen Schmerz von der Seele zu schreien, zu krächzten und zu brüllen. Dann kippt die Stimmung schlagartig. Cleane, beinahe verträumte Gitarren und klarer, melancholischer Gesang bestimmen nun den Höreindruck. Bald darauf müssen sie aber dem schieren Chaos, in Form von verschobenen Blastbeats, Gekeife und Frickel-Attacken weichen. Die Weiterentwicklung der anfangs verwendeten Passagen und deren Kombination mit dichten, atmosphärischen Klangebenen und zermürbenden Noise-Ausflügen lassen in der Folge ein minutenlanges Sound- und Stimmungsexperiment entstehen, welches einen enormen Gänsehautfaktor aufweist. Im Ganzen erstreckt sich dieses Erlebnis über 11:15 Minuten und trägt den Titel „Finite Horizon“. Der zweite Track „Crevice“ verbrutzelt sogar noch etwas mehr Spielzeit und geht gleich zu Beginn richtig heftig zur Sache: Schräges Chaos-Riffing und verwirrende Schlagzeugpatterns werden nur kurz von einer sphärischen Phase unterbrochen, um dann erneut auf uns ‚arme’ Zuhörer losgelassen zu werden. Diese Hetzjagd weitet sich schließlich zu einer treibenden, melodiebepflasterten Orgie aus, die auf ihrem Höhepunkt von einem Doom-Koloss abgelöst wird, dessen Tempo die vier IZAH-Jungs immer weiter herunterschrauben. Die Mitte des Stücks markiert dann einen Wendepunkt, und plötzlich findet man sich in einem sehr gefühlvoll gesungenen, sich steigernden Postrock-Hit wieder, der erst gegen Ende hin durch Grunzgesang eingefangen und in die Sludge-Metal-Ecke getrieben wird. So, die Platte ist vorbei und neben einer Maulsperre und blutigen Ohren bleibt vor allem Fassungslosigkeit zurück. Trotz, oder vielleicht wegen all der düsteren Eintönigkeit, der tristen Melancholie und dem ungewöhnlichen Songwriting vergehen die beiden überlangen Stücke wie im Flug. Von Langeweile ist weit und breit keine Spur zu entdecken, denn sowohl „Finite Horizon“ als auch „Crevice“ sind in der Lage, über die gesamte Strecke die Spannung aufrechtzuerhalten und den gewillten Hörer völlig in ihren Bann zu ziehen und auch dauerhaft zu fesseln. Bei jedem erneuten Anhören scheinen sie sogar noch zu wachsen… Da die beiden Songs von der Band als kostenlose Downloads angeboten werden, wäre man bescheuert, hier nicht zuzuschlagen. Prinzipiell sollte man aber bereit sein, für eine CD dieser Kategorie (fast) jeden Preis zu zahlen! (cj)