Treated - Where Life Takes us
Obwohl die österreichische Combo Treated erst seit knapp vier Jahren besteht, kann sie schon auf eine recht bewegte Geschichte zurückblicken. Nach der Veröffentlichung einer EP mit dem Namen „Atmospheres“ und zwei Touren durch Osteuropa konnten die Jungs mit der Single „Breather“ zum ersten Mal größere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nun legen sie ihr erstes Album „Where Life Takes Us“ vor, und neben dem sehr professionellen Soundgewand sind es die handwerklichen Fähigkeiten der Burgenländer, die auf Anhieb zu gefallen wissen. Angefangen beim durchaus beeindruckenden Drumming, über die schnellen Finger der Klampfenfraktion bis hin zum Gesang, der vor allem in den cleanen Passagen eine Qualität an den Tag legt, die weit über dem Durchschnitt anzusiedeln ist. Nach einigen Durchläufen manifestiert sich aber die wirkliche Stärke der Österreicher: Melodien, die nicht nur schön sondern richtig mitreisend sein können und von den beiden Gitarren exzellent in Szene gesetzt werden. Paradebeispiele: „Breather“ und „Where We Stand“. Für meine Begriffe treiben sie zwar manchmal zu weit in seichte und mitunter sogar kitschige Gewässer ab, beispielsweise bei „Grand Line“ oder „Signals“, aber das ist wohl Geschmackssache. Geschmacksunabhängig hingegen ist das Songwriting, welches im ersten Teil des Albums noch recht gut funktioniert, aber im zweiten Drittel – insbesondere in Form von “The Privilege To Live“ und „Moving Continents“ – einige Komplettausfälle enthält. Sehr auffällig ist außerdem der Einsatz von diversen ‚Zerstückelungseffekten’, Stereo-Fadings und anderen Spielereien, die beinahe schon exzessive Züge tragen und mir aufgrund ihrer Häufigkeit tierisch auf den Sack gehen. Bis dahin ginge das alles noch in Ordnung, wenn da nicht dieses monströse Problem wäre, dass Treated so gut wie keine Eigenständigkeit besitzen. Neben dem Fakt, dass sie wie jede x-beliebige Metalcore-Band klingen, also soundtechnisch keine eigene Identität besitzen, sind es in erster Linie ihre Einflüsse, die für meine Begriffe viel zu deutlich herauszuhören sind. Namen wie Heaven Shall Burn, eventuell Shai Hulud, im Besonderen aber Killswitch Engage springen einem geradezu ins Gesicht. Unter Berücksichtigung, dass „Where Live Takes Us“ ein Debütalbum ist, kann ich diesbezüglich über vieles hinwegsehen, aber für zukünftige Veröffentlichungen müssen sich Treated ganz dringend mehr Individualität zulegen und ihre eigenen Markenzeichen kreieren, sonst gehen sie im überfüllten Core-Sumpf zwangsläufig unter. (cj)




