Die deutsche Band Waterdown sind jetzt die erste und bisher einzige Band auf dem amerikanischen HC-Label Victory. Auf selbigen wird in diesen Tagen ihr grandioses erstes Album "Don?t Kill the Boy on the first date" ver?ffentlicht. Grund genug der Band mal auf den Zahn zu f?hlen.
Stell bitte erst mal dich und die Band vor.
Ich bin
Christian und spiele Bass bei Waterdown. Marcel singt, Ingo schreit, Claus und
Holger spielen Gitarre, J?rg spielt Schlagzeug.
Wie lange gibt es euch schon? Was habt ihr bisher ver?ffentlicht?
Wir haben
uns im Januar 2000 gegr?ndet, sind also noch eine sehr junge Band. Unsere erste
Show spielten wir im April 2000, seitdem sind wir eigentlich recht h?ufig unterwegs
gewesen. Ver?ffentlicht haben wir bisher eine EP namens ?Draw A Smiling Face?
bei Two Friends Recordings, die im August letzten Jahres herauskam. Momentan
arbeiten wir an Songs f?r eine Split-EP mit BY A THREAD aus Kanada (Revelation
Records), die ebenfalls auf Two Friends im Juni diesen Jahres erscheinen soll,
und f?r den Herbst ist eine Split-7-Inch mit Tupamaros geplant.
Euer neues Album erscheint bald bei Victory Rec. Damit seit ihr die erste deutsche Band bei Victory. Wie kam es zum Vertagsabschluss?
Der Kontakt
kam ?ber Grade zustande, mit denen wir im letzten Sommer in Deutschland unterwegs
waren und die uns sehr mochten. Sie versprachen, Victory von uns zu erz?hlen
und Tony Brummel vorzuschlagen, uns zu signen, was wir erst mal ?berhaupt nicht
ernst genommen haben, aber gerade eine Woche, nachdem Grade nach Hause geflogen
waren, bekamen wir Mail von Victory. Seitdem standen wir in Kontakt, und nachdem
wir kurz danach einige Shows mit Snapcase und Boysetsfire gespielt hatten und
auch diese Bands uns mochten und Victory davon berichteten, kam bald das konkrete
Vertragsangebot.
Was hat sich f?r euch (als Band & pers?nlich) seitdem ver?ndert?
Ge?ndert
hat sich auf jeden Fall, da? wir nun einen weltweiten Deal haben, unsere Platte
?berall in den L?den stehen wird und wir deshalb auch die M?glichkeit haben
werden, weltweit auf Tour zu gehen. Das ist auch der prim?re Grund, warum wir
bei Victory unterschrieben haben: wir wollen so viel und so oft wie m?glich
touren, und wenn wir das im Ausland tun k?nnen, dann freuen wir uns noch mehr.
So machen wir im Juli eine dreiw?chige US-Tour mit Drowningman und Thursday,
was der absolute Hammer ist. Ohne den Deal bei Victory w?re das f?r uns vollkommen
unm?glich gewesen. Und diese Tour wird sicher nicht die einzige in diesem Jahr
bleiben. Au?erdem haben wir dadurch, da? wir einen Vertrag ?ber drei Alben unterschrieben
haben, eine langfristige Perspektive und k?nnen deshalb konzentrierter an die
Band herangehen.
Pers?nlich hat sich eigentlich nicht viel ge?ndert, au?er, da? wir jetzt weniger
Zeit f?r andere Dinge haben und weniger Kohle, da die Band so zeitaufwendig
geworden ist, da? zumindest einige von uns ihre Jobs schmei?en mu?ten. ?brigens
sehr lustig, da? uns unterstellt wird, wir w?ren wegen der Kohle zu Victory
gegangen, denn da?, was wir da gerade tun, ist finanziell gesehen ein Wagnis,
bei dem sich jeder, der nur etwas realistischer und finanzorientierter als wir
denkt, sicherlich an den Kopf fassen w?rde.
Wie w?rdest du euren Sound beschreiben?
Ich halte
nicht viel von dem in letzter Zeit eigentlich grunds?tzlich immer verwendeten
Begriff Emo und w?rde uns deshalb als Hardcoreband bezeichnen, wenn unbedingt
n?tig auch mit dem Zusatz emotional, wobei das eigentlich ziemlicher Bl?dsinn
ist, da Hardcore ja auf jeden Fall emotional ist. Und mit dem, was in letzter
Zeit meist als Emo bezeichnet wird (n?mlich recht klassischen Indie / College
Rock) haben wir nun wirklich nicht viel zu tun, auch wenn ich einige Bands dieser
Richtung sehr sch?tze.
Durch unsere zwei sehr unterschiedlichen S?nger haben wir aber die M?glichkeit,
uns in sehr vielen Richtungen sehr weit aus dem Fenster zu lehnen und Sachen
auszuprobieren, und ich glaube, da? das die Besonderheit an waterdown ist. Au?erdem
ist waterdown ein Produkt unserer H?rgewohnheiten, und da finden sich At The
Gates und Slayer genau so wieder wie Elliott Smith und Nick Drake. Eigentlich
ist es alles, was sich zwischen diesen Extremen befindet.
Seht ihre euch als Teil einer Szene?
Ja, klar, eindeutig. Wir kommen alle aus dem Hardcore-Bereich und sehen da auch die Leute, die wir in erster Linie mit unserer Musik ansprechen wollen. Wir haben aber keine gro?en Ber?hrungs?ngste in andere Richtungen und spielen deshalb auch sehr gerne beispielsweise mit Punkrockbands, wie wir das in der Vergangenheit schon mit den Beatsteaks, den Donots und der Terrorgruppe getan haben, was sehr viel Spa? gemacht hat, weil man mit einem Publikum konfrontiert wird, da? vielleicht nicht unbedingt Schreigesang als ihr t?glich Brot ansieht. Aber gerade das macht es auch spannend, mit solchen Bands zu spielen, denn immer nur und ausschlie?lich in HC-Zirkeln zu verweilen, f?nden wir etwas langweilig. Trotzdem, wie gesagt: Hardcore ist, wo wir herkommen und wo wir uns zu Hause f?hlen.
Wie findest du die aktuellen Entwicklungen in der HC Szene? Es sieht so aus als ob die Bands wieder kreativer werden (Boy Sets Fire, Death byStereo, At the drive-in, ihr selbst)
Boysetsfire,
Death By Stereo und At The Drive-In sind sehr, sehr gute Bands, und wir f?hlen
uns erst einmal geehrt, wenn wir mit solchen Bands in eine Reihe gestellt werden.
Ich pers?nlich war schon immer eher interessiert an Bands, die sich etwas trauen
und ?ber ihren eigenen Tellerrand blicken, weil diese Bands es letztlich schaffen,
Musik am Leben zu erhalten und neue Impulse zu geben. Insofern mag ich beispielsweise
auch die neue Thrice-Platte sehr gerne, die sich noch mehr als DBS bei alten
Metalsachen bedienen und sie in einen v?llig anderen Zusammenhang stellt. Insofern
hoffe ich, da? das auch in Zukunft so bleiben wird und immer mehr Bands ihre
eigenen Wege gehen.
Wo liegen eure musikalischen Einfl?sse?
Wie gesagt,
alles von Thrash und Death Metal ?ber Crust und Power Violence-Sachen ?ber jegliche
Form von HC, Punkrock, Indie Rock bis hin zu Singer/Songwriter-Zeug. Zu viel,
um es wirklich auf einige wenige Bands zu beschr?nken.
Euer ehemaliger Gitarrist spielt jetzt bei Thumb. Wie f?hlt ihr euch als
Hinterbliebene?
Gut. Axel
hat irgendwann letztes Jahr einen Anruf von Jan-Hendrik von Thumb bekommen und
ist direkt gefragt worden, ob er bei Thumb einsteigen w?rde. Er hat sich daf?r
entschieden und ist aber nicht sofort bei uns ausgestiegen, sondern hat bis
Ende Oktober letzten Jahres noch Shows mit uns gespielt und dann gemeinsam mit
uns Claus, seinen Nachfolger, den wir schon seit Jahren kennen und der vorher
bei Caliban gespielt hat, eingearbeitet. Wir haben nach wie vor ein sehr gutes
und herzliches Verh?ltnis zu Axel und haben uns auch nur deshalb getrennt, weil
es zeitlich nicht mehr unter einen Hut zu bekommen war, was sp?testens klar
wurde, als sich abzeichnete, da? wir bei Victory unterschreiben werden. Mit
Claus haben wir aber einen echten Gl?cksgriff getan, wir sind sehr gl?cklich
mit ihm und finden auch live immer besser zusammen. Das ist schon alles sehr
okay so. Ich hoffe wirklich, da? Axel bei Thumb gl?cklich wird.
Was war das Verr?ckteste, was euch je auf Tour passiert ist?
Das Verr?ckteste,
was uns auf Tour passiert, ist unser Gitarrist Holger. Dagegen verbla?t alles
andere. Holger klemmt seinen Kopf zwischen Kopfst?tze und Sitz vor sich ein
und winkt dann, so eingeklemmt, den anderen freudig zu. Holger kauft sich an
Rastst?tten kleine Tiere, die Ger?usche machen. Die l??t er dann im Bus mit
einander "Gespr?che" f?hren. Holger schreit ohne Grund und Vorwarnung
wie am Spiess und sitzt dann im n?chsten Moment da, als w?re nichts gewesen.
Holger spinnt.
Wie sehen eure Zukunftspl?ne aus (Tour, etc.)?
Viel,
viel touren. Wir werden einige Festivals spielen (u.a. Deconstruction Tour in
Z?rich und Popkomm in K?ln), im Juli f?r drei Wochen in die USA gehen und dort,
wahrscheinlich mit Drowningman und Thursday, unterwegs sein. Viele Einzel- und
Wochenendshows werden wir spielen, eine Supporttour f?r Europa steht auch an,
wom?glich gehen wir im August/September noch mal in die USA und touren die Westk?ste
entlang, und f?r den Herbst ist unsere Headlinertour f?r Deutschland und vielleicht
auch schon ganz Europa geplant. Und so wird es wohl auch danach weitergehen.
Wir k?nnen es jedenfalls kaum erwarten...
Habt ihr vor Waterdown in anderen Bands gespielt?
Ja, klar,
anders w?re das mit uns wohl auch nicht so schnell gegangen. Wir spielen alle
schon seit vielen Jahren in Bands, Claus wie gesagt bei Caliban, Marcel hat
vorher zusammen mit Axel bei Crackage gespielt, Holger bei Bohrer, Ingo bei
Fallow und J?rg und ich bei Pendikel. Wir sind also keine wirklichen Jungspunde
mehr.
Ihr covert "Etikette t?tet" von Slime. Warum gerade diesen Song,
er pa?t so gar nicht zu eurem Sound.
Ganz einfach: weil wir alle mit Slime aufgewachsen sind und sie f?r die wichtigste deutsche Punkband der Achtziger Jahre halten. Noch dazu hatten Slime eine politische Attit?de, die uns sehr beeinflu?t hat. ?Etikette t?tet? ist zudem einfach ein gro?artiger Song, der sich textlich und musikalisch vom Einheitsdeutschpunk klar abhebt und f?r mich pers?nlich schon immer ein absoluter Lieblingssong war. Und das ?Etikette t?tet? in unserer Version nicht zu unserem Sound pa?t, halte ich f?r ein Ger?cht.
Hattet ihr schon immer zwei S?nger? Woher kommt die Idee?
Wir finden
Bands, die sich nicht so eindimensional in eine Richtung bewegen, spannender.
Bands, die nur einen reinen Schreis?nger haben, langweilen mich schnell, weil
mir einfach die Melodie fehlt, an die ich mich erinnern kann. Bands mit melodischem
Gesang fehlt aber bis auf wenige Ausnahmen die Power und die Intensit?t, die
mit Geschrei erreicht werden kann. Also kamen wir zu der ?berlegung, da? wir
einfach zwei wirkliche Extreme ? sehr krasses Geschrei und sehr sch?ne, melodische
Melodien ? miteinander verbinden. Deshalb die Zusammenstellung von Ingo und
Marcel, die sich f?r unseren Geschmack ziemlich optimal erg?nzen.
Letzte Worte?
Wir freuen uns ?ber die Aufmerksamkeit, die uns von vielen Seiten entgegengebracht
wird, und werden uns in den n?chsten Jahren den sprichw?rtlichen Arsch abspielen,
um dieser Aufmerksamkeit gerecht zu werden. Wir freuen uns ?ber jeden, der zu
unseren Konzerten kommt, und finden Kommunikation superwichtig. Deshalb: Kommt
zur Show, quatscht uns an, schreibt in unser G?stebuch auf www.waterdown.de,
eine Mail oder einen Brief und sagt uns Eure Meinung. Wir werden alles sorgf?ltig
und gerne beantworten. See you in the pit.
Kontakt:
Waterdown
c/o Christian Kruse
Lotter Str. 105
49078 Osnabr?ck
christian@waterdown.de
Das Interview wurde von Rolf Gehring gef?hrt
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Interview: Interview mit Gitarrist Axel und Sänger Ingo (2003)
Interview: Sehr ausführliches Interview mit Bassist Christian zum neuen Album "All Riot" (2006)
Review: The Files You Have On Me, 2003 (rg)
Review: All Riot, 2006 (rg)
Review: Powersnake, 2008 (rg)
Review: Into The Flames, 2012 (rg)
Live-Review: 18.06.2004, Freiburg - Haus Der Jugend
Live-Review: 14.05.2002, Lindau - Vaudeville