Die polnische Extrem-Metal-Band NYIA macht die Musikszene bereits seit 1999 unsicher; und in diesem Fall ist das wörtlich zu verstehen! Auch wenn das Line Up aus Ex-Mitgliedern von Vader, Kobong und Prophecy besteht, dürfte das aktuelle Album "More Than You Expect" für beinahe jeden Hörer eine echte Überraschung darstellen, womit der Plattentitel seine Daseinsberechtigung findet. Um es gleich vorneweg zu sagen, das musikalische Chaos, das diese 14 Stücke verbreiten, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Die Jungs östlich der Oder beschreiben ihre Musik selbst als "Blasting Avantgarde Grindcore Fusion". Meine Definition geht eher in Richtung Free Jazz mit Death Metal-Riffing und Blastbeats, wobei viele Leute das einfach nur als wirren Krach empfinden dürften. Allerdings ist es viel, viel mehr. Allein das dargebotene technische Niveau ist schlicht beeindruckend. Beim Schlagzeuger angefangen, der hinter seiner Schießbude ein wahres Feuerwerk abbrennt, über den sehr ambitionierten Sänger bis hin zur Axt-Fraktion, die eigentlich unter chronisch verknoteten Fingern leiden müsste, hinterlassen NYIA nur offene Mäuler. Hinzu gesellt sich eine enorme Experimentierfreude in Bezug auf Komposition, Entwicklung neuer Riffs, Verarbeitung von Einflüssen aus verschiedensten Genres und nicht zuletzt bei der Verwendung von Samples aller Art. Das Ergebnis ist eine der abwechslungsreichsten CDs, die ich je gehört habe. Außerdem sind NYIA in punkto Arrangement und Songwriting echte Meister: Auf superderbe Knüppel-Passagen folgen beispielsweise instrumentale Akustikgitarren-Parts oder Elektro-artige Beats. Und alles reiht sich scheinbar planlos aneinander und ergibt am Ende doch funktionierende Songs. Wer hier aber nach Strophen und Refrains Ausschau hält, sollte lieber MTV gucken gehen. Experimente auf Neuland neigen im Allgemeinen dazu, für Außenstehende nur schwer verständlich zu sein. Genauso verhält es sich mit "More Than You Expect", welches ein äußerst schwer verdauliches Stück extremster Musik darstellt, das sich stellenweise einfach nicht nachvollziehen lässt. Wegen dieser latenten Unverdaulichkeit reicht es letztlich auch nicht für die Topwertung. (cj)