
Overmars - Affliction, Endocrine... Vertigo
Heilige Scheiße! Das nenn ich mutig! Mit Anlauf, vollem Einsatz und ohne Rücksicht auf Gesichtsverlust zwischen alle Stühle. Wenn man mal als Fixpunkt eine Band wie Neurosis nimmt und dann sehr weite Kreise über Crowbar, Industrial, Doom und modernem Metal zieht hat man wahrscheinlich immer noch kein klares Bild von dieser Band. Der erste Song „Obsolete“ führt noch relativ straight zu dem angesprochenen Neurosis-Vergleich, der folgende, fast zwölfminütiger Brocken, der dann auch noch „This Is Rape“ heißt, sprengt dann aber auch schon wieder sämtliche zurechtgelegte Genre-Gebäude. Ein fiese Gitarrenriff fräst sich mahlend mehr und mehr ins Hirn bevor dann ein schon fast 70ies-artiger, leicht schräger, Gitarrenpart im Mittelteil für Kontrast und latente Hippie-Assoziationen sorgt. Es folgt „Destroy All Dreamers – Part I“. Die Nummerierung deutet es schon an, es tauchen mehrere dieser Zwischenstücke auf, fünf an der Zahl, und alle sind sie ruhig, melancholisch, hypnotisch – genau richtig um das heftige Material in eine Form und Struktur zu packen. Beim fünften Song „Buccolision“ fangen sie zu bedrohlichen Klavierpassagen dann auch noch an französisch zu singen, wobei: Verzweifeltes Geschrei ist wohl der passendere Ausdruck! Den Track könnte man auch prima für fiese Traum-Sequenzen im nächsten David Lynch-Film einsetzen... Zum heftig-intensiven musikalischen Eindruck gibst in der Verkaufsversion wohl auch noch eine DVD, die mir hier leider nicht vorliegt, das Gehörte im Bestfall aber noch mehr verstärkt – nicht, dass das nötig wäre! „Affliction, Endocrine... Vertigo” ist auch ohne visuelle Seite schon ein lohnender Brocken, der erarbeitet werden will, dann aber absolute Langzeitmotivation bietet und schon fast Kunst genannt werden muss. Ach ja, kleiner Widerspruch zum „Phobos“-Review weiter unten: die Band ist aus Frankreich! (tj)