Blackmail / Sushimob /
Lange her, sowohl dass ich 
  im Hirsch, als auch dass ich bei ner Blackmail-Show war. Und das war gar nicht 
  mal Absicht, es hat sich einfach nicht anders ergeben...
  Als wir am Club ankommen, liegt die Erste Band des Abends, Sushimob, gerade 
  in den letzten Tönen. Da sich ein Grossteil der Herren Blackmail aber am 
  eigenen Merch-Stand befinden, wird erst mal das Angebot gecheckt. Das ist sehr 
  schön (Vinyl, Blue-Noise-Sampler CDs) und benutzerfreundlich weil preiswert 
  (Trainingsjacke für schlappe 15 Euro!). Beim Stöbern geht der Auftritt 
  von Sushimob zu Ende und somit lässt sich über deren Performance mal 
  so was von gar nichts kompetent sagen, dass ich das hier auch lieber bleiben 
  lasse. Der Eintritt war übrigens im Gegensatz zum Merch mit 15 Euros etwas 
  hoch gegriffen.
Blackmail sind ein Phänomen. 
  Seit Jahren veröffentlichen sie ein Album nach dem anderen, ein Grossteil 
  der Presse und auch immer mehr Zuhörer lieben sie. Als ich sie das letzte 
  Mal gesehen habe, war das bei der „Science Fiction“-Tour im Ulmer Cat Café, 
  der Gig war unter der Woche und es hatten sich keine 30 Zuschauer eingefunden. 
  Und trotzdem haben mich die Herren voll und ganz überzeugt, die sarkastischen 
  Ansagen von Sänger Aydo taten ihr Übriges dazu... Man hat aber immer 
  irgendwie den Eindruck, dass sie eben einfach mal so vor sich hin basteln und 
  gar nicht so glücklich mit ihrem Erfolg sind.
  Besonders auffällig an diesem Abend in Nürnberg: der übergroße 
  Frauen-Anteil im Publikum. Ohne den Koblenzern zu nahe treten zu wollen, aber 
  am überdurchschnittlich guten Aussehen kanns nicht liegen. Sicher Aydo 
  hat an guten Tagen was ganz Eigenes und wirkt oft sehr verschmitzt, am heutigen 
  Abend ist er aber nicht wirklich auf der Höhe. Bei entsprechender Beleuchtung 
  sieht er sogar richtig schlecht aus. Ich hab mich da dann auch später mit 
  meiner (weiblichen) Begleitung über die Frauenquote unterhalten, sie meinte, 
  dass das an der „Bliss Please“-CD liegt, denn die hatte wohl viel Video-Airplay 
  und die Songs waren auf CD oft auch nicht so hart, wie sie dann in ner Live-Situation 
  interpretiert wurden... mag sein, dass da was dran ist.
  Weiterhin auffällig: Auf und an der Bühne waren mindestens fünf 
  Kameras installiert bzw. unterwegs, das Konzert wurde komplett mitgeschnitten. 
  Deswegen gabs wohl als optisches Schmankerl 4 senkrechte, mannshohe Neonröhren, 
  die ab und an als Effekt eingesetzt wurden, überhaupt wurde das Licht sehr 
  effektiv verwendet, die Musiker wurden alle auch von unten angestrahlt, Strobo-Effekte 
  und diverse Ornamente kamen im Lauf der gut 90 Minuten zum Einsatz.
  Los gings mit „On the Tightrope“ aus dem aktuellen Album. Danach beichtet der 
  Sänger dem zahlreichen Publikum, dass es ihm heute nicht so gut geht und 
  entschuldigt sich gleichzeitig, dass sie noch nicht so richtig „eingegroovt“ 
  sind, das werde aber mit der Zeit. Nach dem dritten Song „Amelia“ erinnert er 
  sich dann, dass sie beim letzten Besuch in Nürnberg im wesentlich kleineren 
  Klüpfel zu Gast waren, freut sich, dass es heute deutlich mehr Leute sind 
  und grüsst und lobt aber auch gleich noch das Klüpfel, das ist nämlich 
  in Nürnberg sein Lieblingsclub – neben dem Hirsch. Bei einigen Songs wird 
  die vierköpfige Band zusätzlich von einem Keyboarder unterstützt, 
  der versucht die Sounds der Alben auch live zu rekonstruieren. Die Gebrüder 
  „Zurückhaltung“ ähh Ebelhäuser lassen ihrem Sänger showtechnisch 
  den Vortritt, will sagen: sie beschränken sich aufs konzentrierte Gitarre- 
  bzw. Bass-Spielen und halten sich betont im Hintergrund während im Zentrum 
  Aydo sämtlich Register zieht, schreit, säuselt und post. Kurt verbringt 
  die ersten Songs hauptsächlich damit den vor ihm platzierten Scheinwerfer 
  wegzudrehen, bzw. aus seiner Reichweite zu flüchten, gut dass am linken 
  Bühnenrand sein Verstärker-/Boxenturm stand, sonst wäre er sicher 
  noch ganz von der Bühne verschwunden. Visuelle Kommunikation mit dem Publikum 
  gleich null.
  Alles in allem klingt das live nach einer sehr angenehmen Mischung aus Kyuss 
  und Placebo mit erhöhtem Noise-Faktor. Das Set besteht zu etwa 80% aus 
  Songs des aktuellen Albums „Friend or Foe?“ bzw. Bonus-Tracks von Single-Auskopplungen, 
  vom Vorgänger-Album haben es nur vier Songs auf die Liste geschafft, der 
  einzige Song vom „Science Fiction“-Album auf der Setlist wurde warum auch immer 
  gestrichen. Cool war aber, dass sie “Light of the Son“ gespielt haben, den Song 
  der die Titelmelodie in einer „Geisterjäger John Sinclair“-Hörspiel-Folge 
  war. Ab und an schnallte sich der Sänger auch noch eine Gitarre um, bei 
  einem Song sang er sogar in einen Kopfhörer, Abwechslung war also durchaus 
  geboten. Beim letzten regulären Song „Carmine“ (von der „It could be yours“-Single), 
  merkt Aydo bedauernd an, dass man jetzt den letzten Song spielt und dass es 
  ja schon schade sei, jetzt wo man sich grade „eingegroovt“ hat aufzuhören; 
  mit einem gebrummten „zum Kotzen“ verlässt er die Bühne.
  Es folgten minutenlanges Applaudieren und die üblichen „Zugabe“-Rufe und 
  ich dachte schon, dass es das dann wohl war, als sich die Musiker dann doch 
  noch mal hinter die Instrumente bzw. ans Mikro klemmten und zwei Songs nachlegten. 
  Dr Abschluss-Song wurde dann bestimmt an die zehn Minuten zelebriert, Aydo verliess 
  mit einem letzten „seltsam“ die Bühne, seine Kollegen spielten sich anschliessend 
  aber bestimmt noch zwei Minuten in einen wahren Rausch aus fetten Stoner-Riffs.
Aktuelles Album hin oder her, ich hätte sehr gerne „Feeble Bee“ von Science Fiction und noch ein paar mehr Songs von „Bliss please“ gehört... aber trotzdem: sehr beeindruckendes Konzert einer Ausnahmeband mit viel Identität, war aber wohl nicht so ihr bester Tag.
Setlist Blackmail:
  On the Tightrope
  Dive
  Amelia
  Light of the Son
  Dare Defender
  It could be yours
  Evon
  Club 45
  Same sane
  Ken I die
  Sunday Sister
  Leave
  Carmine
Euthanasia
  Friend
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