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„Ich würd mir für Metal den Pimmel und die Eier abschneiden!“

oder

„Sabine kriegt neue Titten“

ein etwas anderes Interview zwischen Koroded und Undertow

Das Interview wurde am Tag nach der gemeinsamen Show in Heidenheim, also am 28. November zwischen Jan (Sänger von Koroded:JR) und Tom (Basser von Undertow: TJ) geführt. Wir hatten beide noch nie ein derartiges Interview gemacht, hatten uns auch mehr oder weniger Gedanken im Vorfeld drüber gemacht. Nach ner Stunde hab ich dann relativ überrascht auf die Uhr geschaut und realisiert, wie schnell die Zeit beim Labern doch vergehen kann. Im Folgenden eine etwas gestraffte Abschrift der MiniDisc-Aufzeichnung.

JR: Hey, das ist heute das erste Interview, das ich jemals mit einem anderen Musiker gemacht habe. Rolf hat dann aber die Idee auf den Tisch gebracht und die fand ich dann auch ganz gut, hier also meine erste Frage: Stell mal Dich und die Band vor!

TJ: Die Band! (remember Blues Brothers?). Ja, uns gibts jetzt auch schon elf Jahre. Im ersten Jahr waren wir noch zu viert, wir hatten nen zweiten Gitarristen, der aber noch vor unserem ersten Gig ausgestiegen ist. Seitdem hatten wir alle fünf Jahre nen Wechsel am Schlagzeug und hoffen jetzt stark, dass uns in vier Jahren nicht wieder ein Wechsel bevor steht!

JR: Und der Name? Es gibt ja diese amerikanische Band Undertow… Wir von Koroded sind ja alle große Undertow-Fans, und wenn wir dann vor anderen Leuten von Euch sprechen, fragen die immer direkt, ob wir die amerikanischen meinen – passiert Euch das oft, das da Missverständnisse aufkommen?

TJ: Wir hatten über all die Jahre vielleicht drei-vier Reviews, wo wir sogar derbe gedisst wurden, weil wir angeblich deren Namen geklaut haben. Das kam hauptsächlich von irgendwelchen Ultra-Hardcore-Freaks. Fakt ist, dass wir wohl fast zeitgleich unsere Bands gestartet haben – ohne voneinander zu wissen. Ich hab auch auf deren Europa-Tour im Vorprogramm von Ignite vor ein paar Jahren mal mit deren Gitarristen gesprochen und ihm von unserer Band erzählt und ihm auch was vorgespielt. Der fand das witzig und hatte auch so was von kein Problem damit, da wir ja nun wirklich nicht den gleichen Sound machen. Das mit der Namensfindung war dann schon komplizierter, denn mein Ziel bei der Suche war, ein Wort zu finden, von dem nicht gleich jeder mit ein bisschen Schulenglisch wissen würde, was es bedeutet; außerdem sollte es ob seiner Bedeutung auch nicht gleich auf Metal verweisen, also eben nicht Slayer, Pestilence oder von mir aus auch Megadeth. Ich weiß ja nicht, wie das bei Euch so war, aber wir hatten unseren Namen auch nicht von Anfang an. Wir haben mehrere Sachen ausprobiert und verschiedene Ideen länger durchgekaut und probiert, auf Undertow konnten Joschi und ich uns dann aber schließlich einigen. Irgendwann kam dann der Joschi und meinte „Hey, Undertow wäre doch ein cooler Name!“ und das war auch wieder so ne Sache zwischen mir und Joschi, da haben wir beide das gleiche gedacht und ich hab für mich nur eben gesagt, dass ich das nicht vorschlage, weil dann bestimmt irgendwelche Leute nörgeln würden, weil doch das erste Tool-Album so heißt. Ich kannte das Wort aber schon recht lange, nämlich wie damals „and Justice for all“ rauskam. Da war ein Song drauf bei dem es „feel the Undertow inside me“ hieß. Und seitdem mochte ich das Wort, seinen Sound und seine Bedeutung.

JR: Ihr werdet auch oft mit Crowbar verglichen, was für mich nicht wirklich zutrifft, da hätte ich gerne mal ne Stellungnahme zu und auch zu Euren persönlichen Einflüssen.

TJ: Crowbar? NIE gehört, was machen denn die für nen Sound? Hehe, nee, Quatsch. Bis zu nem gewissen Grad sind wir wohl auch selbst schuld an diesen ständigen Crowbar-Vergleichen: ich hab auf nem Promofoto mal meine Fanclub-Shirt angehabt, wir waren mehrmals mit den Jungs auf Tour, wir haben zwei-drei Mal nen Song von ihnen live gespielt und wir hatten bei unserem Album „UnitE“ sogar Guest Vocals von Kirk Windstein am Start – wir stoßen die Leute also quasi mit der Nase drauf. Joschi ist bekennender Crowbar-Fan, in unserer Ur-Besetzung war das die Band, auf die wir uns alle einigen konnten, beim Rainer weiß ich jetzt gar nicht so genau, ob der privat auch ab und an Crowbar hört… Ich denke aber, wenn man unsere Alben intensiv anhört, dann entdeckt man zwar Passagen, die denselben Spirit haben, aber dann auch wieder viele Elemente, die überhaupt nicht auf ne Crowbar-Scheibe passen würden. Es ist auch schwierig zu sagen, dass wir Doom machen, es sind wohl Elemente von Doom, Hardcore, New Metal, Emo was weiß ich vorhanden, aber ne 100%ige Kategorisierung fällt schwer…

Undertow

JR: Also ich hör ja auch viel Musik, aber in Deutschland ist mir noch keine Band untergekommen, die nen ähnlichen Sound macht, ihr macht da schon Euer eigenes Ding.

TJ: Tja, aber dieses „Die deutschen Crowbar“-Stempelchen, das werden wir nicht mehr loskriegen, ich mach mit Dir jetzt schon jede Wette, egal wie unserer nächste Scheibe klingt, in den Reviews und wohl auch Interviews, werden wir wieder Crowbar-Vergleiche finden.

JR: Siehst Du irgendwelche Veränderungen im Stil jetzt durch Rainer, den neuen Drummer? Er hat sich ja schon super eingefügt und die neuen Songs, die ich gestern gehört habe, fand ich auch alle sehr cool. Ist schon anders als sein Vorgänger Kuddel unterwegs…

TJ: Ist auf jeden Fall anders als Kuddel! Ich war ja fast versucht zu sagen, dass die Besetzungswechsel bei uns keine Auswirkungen haben, aber das muss man schon etwas detaillierter betrachten. Musikalisch gesehen ist Undertow zu fast 100% Joschi. Er hat früher den Löwenanteil der Songs geschrieben, auch die Texte. Mit der Zeit gabs auf textlicher Seite so ne 50-50-Teilung zwischen mir und ihm und musikalisch hat sich das seit der Rainer in der Band ist auch etwas verschoben. Das hängt auch damit zusammen, dass Joschi seine Gewohnheiten fast zeitgleich mit dem Wechsel am Schlagzeug umstellen musste, da er nämlich zum ersten Mal Vater geworden ist. Da kann er jetzt eben nicht mehr vier Stunden am Tag auf seiner Gitarre rummachen, sondern muss sich mit anderen Sachen beschäftigen. Somit kommt er nicht mehr mit komplett fertigen Songs in seinem Schädel in den Proberaum. Er macht immer noch den Grossteil, mit Rainer haben wir aber auch angefangen zu jammen und so arbeiten wir mehr gemeinsam an den Songideen von Joschi.

JR: Ich muss jetzt aber noch mal auf Rainer kommen, ich finde, dass sich die Sachen mit ihm viel dynamischer und lebendiger anhören. Kuddel hat eher so alles niedergeprügelt…

TJ: Kuddel is halt so ne Maschine, so ein Slayer-Fan… Rainer geht schon rein äußerlich beim Spielen mehr ab und mit. Ich tu mich aber seit jeher schwer damit, Musik nur auf technischer Ebene zu hören. Wo Joschi wenn wir z.B. auf der Fahrt zu nem Gig gemeinsam Musik hören, oft bemerkt, dass ein Drummer mal ein Becken nicht richtig trifft oder sonst irgendwie schwankt, check ich so was nur bei derbsten Aussetzern. Bei mir zählen mehr das Bauchgefühl, die Emotionen und weniger die technischen Fähigkeiten.

JR: Und diese Lücke, die durch den Weggang des zweiten Gitarristen entstand, wolltet Ihr nie wieder füllen?

TJ: Tja, nachdem der Mike damals ausgestiegen ist, fingen wir kurz darauf an live zu spielen. Und das hat auch immer sehr gut funktioniert, uns hat nie etwas gefehlt und wir sind gut gefahren damit. Dann kam nach ein paar Jahren der Joschi und hatte so jemand für die zweite Gitarre im Auge und da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich da am meisten Bedenken hatte und es deswegen auch nicht wirklich probiert wurde. Obwohl ich heute schon wieder etwas anders zu dem Thema stehe, da wir ja mittlerweile zwei Umbesetzungen hatten, hab ich mir nicht vorstellen können, jemand neues in die Band zu holen. Das war alles so schön eingespielt, wir hatten ne Art Demokratie und bei drei Leuten sind die Abstimmungen da auch immer eindeutig ausgefallen. Wir konnten meist mit einem Auto zu Shows fahren, was die Kosten dann auch im Rahmen gehalten hat und wir kannten uns über die Jahre auch sehr gut; ich konnte mir echt nicht vorstellen, da jemand neues zu integrieren – wir haben auch alle unsere Macken und nen speziellen Humor. Ich selbst hör total gerne Bands, die mit zwei Gitarristen arbeiten und die zweite Gitarre dann auch nur so auf Krach-Ebene einsetzen, dass die nur Quietscher macht – so wie bei Snapcase oder ähnlichem – aber ich denke der Zug für uns mit nem zweiten Gitarristen ist raus. Es gibt ja auch viele Bands, die zu dritt sind oder im Prinzip, wo das vierte Bandmitglied also „nur“ singt, Harmful, Prong, Rage against the Machine und Ihr zum Beispiel!

TJ: OK, dann wechseln wir mal. Ich fang auch mit der Standardfrage an. Du brauchst jetzt nicht ganz weit ausholen, aber einfach mal ein paar grundlegende Infos, seit wann es Euch gibt usw.

JR: Das ist recht einfach, uns gibt’s seit April 1997, von der Urbesetzung sind noch Andreas (Gitarre) und ich dabei. Der Ben (Drummer) ist seit Oktober 1997 dabei, der nach nem halben Jahr unseren ersten Drummer ersetzt hat. Auch wir hatten verschiedene Besetzungswechsel und ursprünglich auch noch nen zweiten Gitarristen, den Ahmet Miranda. Der hat die Band vor ca. zwei Jahren aus persönlichen Gründen verlassen, er hatte mit sich selbst viel zu kämpfen und konnte einfach keine Musik mehr machen.

TJ: Und Ahmet war Gründungsmitglied?

JR: Ja, schon. Wir hatten auch sehr lange nur Aushilfsbasser, bis dann Olaf lange fest am Bass dabei war. Olaf, unser letzter Basser, hat die Band dann aber vor ein paar Monaten auch verlassen. Er konnte einfach nicht verstehen, dass wir unbedingt möglichst viel live rumkommen und spielen wollten, der war am liebsten gemütlich im Proberaum oder im Studio beim Songs schreiben. Wir hatten da also verschiedene Ansichten und ihm war sein Job auch sehr wichtig. Und jetzt haben wir eben auch nen neuen Rainer!

TJ: Das ging dann aber auch recht fix, ich kann mich erinnern, dass Du mir ne Mail geschickt hast, dass Olaf raus ist und ob ich nicht vielleicht nen einsatzwilligen Ersatzmann wüsste und zwei-drei Tage später bekam ich dann nen Newsletter, wo Ihr den Rainer als neuen Mann angekündigt habt!

JR: Der Trend geht ja zum Rainer… Nee, wir kannten den Rainer schon ewig, er hatte auch früher mal kurz bei uns ausgeholfen und wie Olaf dann raus war, hatten wir dann ein Gespräch und haben ihm gesagt, wie wir uns das vorstellen, was uns wichtig ist und was wir vor haben. Da war er völlig einer Meinung und so hatten wir recht schnell Ersatz gefunden und sind jetzt auch super happy mit ihm.

TJ: Bei uns ging das ja auch überraschend schnell. Wenn wir sehr lange niemand für den Schlagzeugerposten gefunden hätten, hätten wir irgendwann bestimmt den Laden zu gemacht. Ich könnte mir auch nicht vorstellen jemand in die Band zu nehmen, der „nur“ gut spielen kann, das muss schon auch menschlich sehr gut passen, denn man verbringt ja auch abseits der Bühne viel Zeit miteinander und wenn man dann ganz anders drauf ist, dann ist ja doch eher ne Quälerei.

JR: Ja, das war bei uns auch wichtig und gut, dass wir den Rainer schon so lange kennen und auch optimal mit ihm können, die selbe Musik hören, die selben Ziele und Schwerpunkte haben und in etwa im selben Alter sind.

TJ: Gabs ein auslösendes Moment, wo Ihr Euch gesagt habt, ok, wir gründen jetzt ne Band, habt Ihr ne andere Band live gesehen und wolltet auch was in die Richtung machen?

JR: Andi wollte schon seit Kindesbeinen, seit er zehn-zwölf Jahre alt war, Musik machen und Gitarre spielen. Das hat er dann auch in verschiedenen Schülerbands gemacht. Was dann der Auslöser war, war dann wohl Metal im Allgemeinen. Wir sind ja schon zusammen zur Schule gegangen, und er hat auch immer gesagt „Wenn ich touren könnte und ne fette Band hätte, da würd ich mir Pimmel und Eier für abschneiden lassen!“ – Originalaussage! Ich hatte mit 17 meine erste Band, die war auch mal richtig Scheisse – hatte auch nur Bass, Schlagzeug, Trompete und Gesang, mehr brauchten wir nicht. Die Hauptmotivation war damals eigentlich auch Mädels zu beeindrucken, hat aber auch nicht geklappt…

TJ: …lag an der Trompete denk ich!

TJ: Was war denn so rückblickend das schönste und das mieseste Erlebnis mit der Band?

JR: Oh, keine Ahnung, das lässt sich schwer sagen… Vielleicht kann man das so beschreiben: Wir haben ja mit 8mm Overdose diese kleine Tour gespielt, die ich gebucht habe. Wir saßen also in Frankfurt, ich war wie immer erkältet vor der Tour, hab mich mies gefühlt, der Club hat keine Werbung gemacht, es war kein Schwanz da und ich hab mich gefragt, was ich hier eigentlich soll. Ich hätte schön bei meiner Freundin sein können, Kaffee trinken, in die Badewanne und nen Film schauen… Ich glaub ich hör auf mit dem Scheiss. Dann sind wir raus gegangen, es waren wohl so zehn Leute da – und wir haben das Konzert unseres Lebens gespielt! Und danach hab ich mir gedacht, hey, geht doch! Es ist so oft so nah beieinander, schöne und miese Sachen. Es ist immer mies, wenn man Bandmitglieder verliert und dadurch vielleicht auch Freundschaften zerbricht oder wenn man in seinem privaten Umfeld Probleme bekommt, weil man eben so viel in die Band investiert, oder wenn man eben mal wieder pleite ist… Aber das soll jetzt ja alles anders werden!

TJ: Gutes Stichwort! Kaum war der Rainer an Bord, kam auch endlich das Angebot von Silverdust. Wie kams dazu?

JR: Achim (der Labelboss) hatte wohl schon früher mal mit dem Gedanken gespielt uns zu holen, aber da kamen immer wieder Sachen dazwischen. Wir kennen uns jetzt ja auch schon länger und beobachten uns schon längere Zeit so ein bisschen. Er hat mir dann irgendwann ne E-Mail geschrieben, wo ich dann erst auch gar nicht dachte, dass das dann konkret wird, denn er hatte früher schon ab und an mal was durchklingen lassen, ohne es zu konkretisieren. Dann haben wir aber telefoniert und wir hatten grade den Allen (Ex-End of April, Ex-Headcrash) als Manager gewonnen und ich hab das dann an den übergeben und immer die Mails in Kopie bekommen. Irgendwann kam Achim dann tatsächlich mit nem Angebot für vier Alben, wo wir dann gesagt haben, dass das doch ein bisschen viel auf einmal ist und wir haben uns dann auf zwei geeinigt. Ich kann nicht wirklich sagen, wie es schließlich dazu kam, ich bin im Nachhinein nur froh, dass wir nicht früher nen Vertrag angeboten bekommen und unterschrieben haben, denn jetzt sind wir richtig reif dafür und bereit dafür das zu geben!

Koroded

TJ: Ich hab mich ohnehin immer gefragt, wie die Plattenfirmen so lange haben warten können, denn ich fand echt jede CD, die ich von Euch bekommen habe genial, Ihr habt Euch über die Jahre verbessert und entwickelt und trotzdem war da kein Interesse Euch unter Vertrag zu nehmen…

JR: Ja, ist schon komisch. Aber jetzt, wo wir uns für Silverdust entschieden haben, kommen plötzlich auch andere Angebote rein…

TJ: Wäre ne spätere Frage gewesen, ob Du was zu diesen Roadrunner-Gerüchten sagen willst, aber wenn wir schon darauf zu sprechen kommen, sag ruhig…

JR: Ja, der Allen, der hängt viel mit Eat The Beat zusammen, das ist so ein junges, aufstrebendes Label aus Köln, wo Bands wie NME Mine – die ich super cool finde – und auch The Anti-Doctrine drauf sind. Und Eat The Beat sind jetzt wohl ein Unterlabel von Roadrunner, die bringen also ihre Bands raus. Allen hat also viel mit den Leuten zu tun, telefoniert auch ab und an mit denen und da sagten die dann eines Tages, dass sie unbedingt mal mit ihm über Koroded reden müssten. Da konnte Allen dann nur noch sagen, dass das etwas zu spät kommt und wir vor kurzem bei Silverdust unterschrieben haben. Und vor kurzem haben wir in Darmstadt gespielt, wo dann die Leute von Tiefdruck kamen und meinten, dass sie gerne was mit uns machen würden. Das ist ähnlich wie mit Beziehungen, Du bist lange solo, suchst jemanden und kaum bist Du wieder in festen Händen kriegst Du Angebote galore…

TJ: Auch mit dem Release gings dann ruckzuck, kaum war der Deal Anfang September unter Dach und Fach wurde Mitte November auch schon das Album in die Läden gestellt… Ihr habt jetzt kein komplett neues Album eingespielt, sondern die letzten zwei EPs zusammengefasst und neu gemischt und teilweise wohl auch neu eingespielt. Wieso keine komplett neuen Songs?

JR: Die Vorgabe vom Label war, dass wir nach dem Vertragsabschluss innerhalb weniger Wochen das Produkt in den Läden haben sollten. Die Zeit hat gefehlt und wir hatten auch nicht das Budget. Wir haben aber wie Du schon gesagt hast, das Material überarbeitet, neu gemischt, teilweise neu eingespielt usw. Ich denke es ist auch keine Verarsche oder so, die Songs sind immer noch cool, der Sound ist fett und es ist für die vielen Leute, die uns noch nicht kennen ein idealer und auch aktueller Einblick in unser Schaffen. Wobei das nächste Album natürlich interessant wird.

TJ: Ihr spielt ja auch schon wieder neue Songs, wie sieht die langfristige Planung aus?

JR: Allen hat schon nen sehr ehrgeizigen Plan, der aber noch nicht wirklich mit uns abgestimmt ist. Wenn’s nach ihm geht, sollen wir im Juni ins Studio um dann im November die nächste CD in die Läden zu stellen, was ja auch ne sehr gute Sache wäre, da wir dann in den Köpfen der Leute präsent bleiben würden.

JR: Wie würdest Du das gewichten, was für nen Stellenwert hat das Studio, Live-Spielen, Songwriting bei Euch?

TJ: Wir haben zwischen unseren Alben leider sehr große Abstände von schnell mal zwei-drei Jahren, was stark damit zusammen hängt, dass wir alle berufstätig sind und das auch bleiben wollen. Es ist eben was ganz anderes wenn ne Band wie z.B. Mastodon ihr neues Album in sechs Wochen macht, d.h. schreibt, aufnimmt, mischt und ans Label zur Veröffentlichung weitergibt. Die schließen sich dann lange Zeit am Stück in ihren Proberaum ein und machen neue Songs und gehen anschließend ins Studio. Da kann unsereiner nur davon träumen, das ist bei uns nicht drin. Wenn wir im Herbst 2005 dann unser Nachfolgealbum zu „34CE“ rausbringen, dann ist das eigentlich scheiße, weil drei Jahre später! Wir können aber eben nicht so oft und intensiv proben, dass wir in so kurzer Zeit ein reifes neues Album raushauen und dann auch dahinter stehen können und zu sagen, das sind alles coole Songs. Mein Traum wäre ja mal, so wie Slipknot bei ihrem letzten Album, aus über 20 Songs die 10-12 stärksten zusammenzustellen und die auf ein Album zu packen, weil sie alle Knaller sind und die anderen Songs vielleicht nicht schlecht sind, aber eben nicht in den Albumkontext gepasst haben. Ich hätte auch gerne mal ne Auswahl bei der Zusammenstellung eines Albums. Bei uns wars bisher immer so, dass wir beim Aufnehmen im Studio schon wussten, dass wir den einen oder anderen Song nie live spielen werden. Man muss ja eh immer auswählen, bestimmte alte Songs sind nach wie vor gesetzt und da kann man ja dann auch gar nicht alle neuen ins Set übernehmen.

JR: Wo wirs jetzt grade so von Platten haben, wollte ich mal wissen: Was ist denn jetzt Deine persönliche Lieblings-CD von Undertow?

TJ: Das klingt jetzt zwar nach der Stan dard-Antwort Nr. 1, aber es ist echt die aktuelle, die „34CE“. Das hat mehrere Gründe: Wir waren früher nie mit dem Sound zufrieden. Die ersten Alben fand ich echt schwach vom Sound. Dann finde ich’s auch immer wichtig, dass Entwicklungen am Start sind. Wenn Du die Reihenfolge der Alben bei uns nicht kennen würdest, dann behaupte ich jetzt einfach mal, dass man „Harm On E“ und „UnitE“ auch austauschen könnte und es wohl nicht auffallen würde, da war quasi keine Entwicklung im Material, kein Schritt vom einen zum anderen Album und ich mag persönlich eigentlich lieber Bands, die sich von Album zu Album entwickeln. Mit „34CE“ war das dann anders, es gibt so nen bandinternen Joke, dass es das erste Album von uns ist, das wir uns auch selbst kaufen würden! Es hat auch die größte Bandbreite, wir haben einerseits den härtesten Song und andererseits den langsamsten und ruhigsten Song von Undertow ever auf dem Album, haben neue Elemente reingenommen und eben einfach ein paar Steinchen hinzugefügt. Und wir hatten auch erstmals nen „aktiven“ Produzenten. Nicht aktiv im Sinne „Jetzt machen wir hier mal nen fetten Keyboard-Teppich, da den Refrain sechsmal und hier bitte weibliche Backup-Vocals damit das auch ordentlich verkauft!“, so wärs ja totaler Schwachsinn. Nee, aber der hat uns auf viele Sachen hingewiesen, Harmonien, Abläufe, auch Technisches; wir haben einfach was gelernt bei den Aufnahmen. Sowas hätte ich gerne bei den nächsten Aufnahmen wieder.

JR: Also Studio ist schon cool für Euch?

TJ: Ja klar, schon. Ist aber auch immer stressig. Denn auf unserem Level hast Du ein kleines Budget und musst dann das Optimale in einem Minimum an Zeit rausholen und gerade, wenn man, wie ich, nicht so der König auf seinem Instrument ist, ist man da schon immer etwas gestresst und auch gerade Gesangsaufnahmen sind da ein schwer kalkulierbares Unterfangen, denn die Stimme ist eben keine Gitarre, die man eben neu stimmt, wenn sie nicht mehr so ganz richtig klingt. Wenn Joschi seinen Hals überlastet oder gar krank wird, dann kann man eben nicht weiter einsingen…Was sehr cool wäre, bei uns aber definitiv nicht der Fall ist, wäre, dass sich jemand in der Band selbst mit dem Aufnehmen auskennt und vielleicht sogar entsprechendes Equipment besitzt, so dass man das über einen länger Zeitraum entspannt angeht und sich auch mehr Muse für Details leisten kann. Wenn ich lese dass Bands monatelang ins Studio gehen und dann erst mal drei Wochen brauchen, bis das Schlagzeug so klingt, wie sie das wollen, dann werde ich schon neidisch!

JR: Weil wir uns schon lange kennen, weiss ich ja eh schon, dass Du der totale Cineast und Medienfreak bist. Eure Platten haben meist spezielle Titel, Wortspielereien usw. Wo kommt die Inspiration her, wer schreibt die Texte, sind Filme und Bücher wichtig dafür, macht Ihr Konzeptalben, gibt es da überall ein Gesamtkonzept usw.?

TJ: Konzeptalben klingt für mich immer so nach King Diamond, Queensryche usw. … Anfangs hat Joschi, wie oben schon gesagt, auch alle Texte geschrieben. Das hat sich mit der Zeit verlagert, es war ohnehin schon immer so, dass ich seine Texte auf korrektes Englisch – soweit ich das selbst beherrsche – abgeklopft habe und ich hab mir eigentlich auch immer einen Grossteil der Songtitel ausgedacht. Das ist, wie Du schon angesprochen hast, oft auf ner wortspielerischen Ebene abgelaufen, mal hier nen Buchstaben vertauscht, ein Wort rückwärts angeordnet oder etwas in der Richtung. Die Inspirationen für Texte sind aber völlig verschieden. Beim Joschi sind das naturgegeben oft Sachen aus seinem beruflichen Alltag. Er arbeitet als Krankenpfleger auf ner psychiatrischen Station in einem Krankenhaus und bekommt da natürlich viel Schicksale mit, die dann in ihm nachhallen und ihn beschäftigen, so dass er Teile davon zu Texten verarbeitet. Dann natürlich das „ewige“ Thema: Beziehungen, obwohl er jetzt ja auch schon länger mit seiner Lady zusammen ist und ich auch seit Jahren in festen Händen bin, ist das doch ein „Quell ewiger Inspiration“. Was auch ein gesetztes Element im Undertow-Kontext ist, ist die Melancholie. Nicht dass wir jetzt ständig überdeprimiert durch die Gegend jammern, aber das hat wohl auch damit zu tun, dass besonders ich die Angewohnheit habe, zu viel nachzudenken, mir wegen jedem Scheiß Sorgen zu machen… Filme, Bücher, Comics usw. bzw. Elemente oder Grundgedanken aus diesen, sind schon oft und gerne von mir zu Texten verarbeitet worden. „Squid“ z.B. hab ich geschrieben nachdem ich „Strange Day“ gesehen habe, „Neo Morph“ hat was mit Matrix zu tun, „BushIDo“ mit „Ghostdog“ und „Missing Link“ entstand nach dem Lesen des gleichnamigen Romans.

Undertow

JR: Seht Ihr Euch selbst als politische Band? Ihr macht Euch ja offensichtlich viel Gedanken zu Euren Texten, der Gesellschaft usw. wie seht Ihr das, rechnet Ihr Euch zu ner gewissen Szenen zugehörig, Punk, Metal, Hardcore – das ist ja teilweise auch sehr politisch… Oft ist es besonders bei den klassischen Metalfans so, dass Sie die Message gar nicht mitkriegen oder auch an sich heranlassen, da geht’s eher ums Saufen…

TJ: Das waren jetzt ja viele Fragen auf einmal… Politik ist ja eigentlich etwas Selbstverständliches, es sollte ein Teil Deines Lebens sein, Dein Umfeld und die Vorgänge um Dich herum zu checken, Dich zu interessieren und auch nachzufragen und nicht nur kommentarlos zu akzeptieren und zu funktionieren. Undertow war aber nie ne Band, die so vordergründig ne Flagge schwenkt. Ich finde vieles so selbstverständlich, dass ich mich auch oft gefragt habe, warum sich manche Bands so plakativ als AntiFa oder sonst was präsentieren müssen, das sollte doch eigentlich jedem klar sein, dass nicht sein kann, dass jemand aufgrund seiner Hautfarbe per se schlechter oder besser als andere ist, ich mein ich schreib ja auch nicht auf unser Album, dass wir keine Kinder essen oder man nass wird, wenn es regnet…

JR: Ja, schon, aber da gibt’s schon so Metal-Dumpfbacken, die das noch nicht so gerafft haben…

TJ: Musikmässig stehen wir, wie vorhin schon angesprochen, ziemlich zwischen den Stühlen, deswegen schreibe ich eigentlich am liebsten auch nur Metal dazu, wenn jemand ne Schublade braucht. Wir hatten da leider auch nie das Glück so 100%ig zu ner Szenen zu passen, denn wenn Du Dir mal anschaust, wie z.B. Bands wie Chainway total in diesem Hardcore-Ding aufgehen und von diesen Strukturen und Netzwerken total profitieren, rumkommen, in Mags Presse bekommen – so was pusht Dich doch auch ganz gut. Im Hardcore gibt’s doch immer noch dieses „Family-Ding“, man hilft sich gegenseitig – ok, auch da rennen viele Mitläufer genauso mit ihrem Brett vor dem Kopf rum und lassen nur die „eine“ Meinung gelten, da spricht man immer von Unity und wenn dann einer die falschen Klamotten und den falschen Haarschnitt hat gehört der dann aber auch nicht dazu, da ist auch nicht alles Gold was glänzt – wenn ich nur an dieses ganze schon fast wieder faschistoide Straight Edge Gehabe denke!… aber man kann unter dem Schutz des Genres doch weit kommen wenn man auch mal sieht, dass relativ „kleine“ Bands in Südamerika und Japan touren. Was ich mich aber wirklich oft frage bei irgendwelchen Shows, ist mit wie viel von den Anwesenden ich wirklich ein gutes Gespräch führen könnte oder vielleicht sogar einen Tag verbringen könnte, ohne, dass ich die wirklich schlagen müsste. Ich meine Party und Spass haben – gut und schön, aber da ist auch noch anderes in meinem Leben und wenn Du dann so Gehirn-light-Typen hast, die die ganze Zeit nur irgendwelchen Scheiß brüllen?

JR: Klar, da ist wohl was dran, aber andererseits sind das dann auch wieder Leute, die deine CDs und Shirts kaufen…

TJ: Und dafür muss man ihnen dann ja schon wieder dankbar sein…

JR: Eben, bin ich ja auch, aber wenn man sich dann nach der Show mit den Leuten unterhält und die dann so gar nichts von dem Raffen, was Dir so wichtig ist…

TJ: Tja, aber dann fragt man sich dann aber doch oft wieder, was das für Leute sind, die allen Ernstes ne Kutte tragen auf der Böhse Onkelz oder Manowar-Aufnäher sind – von dem ganzen Nazi-Black Metal-Scheiß gar nicht zu reden…

JR: Eben, ich hab mir z.B. kürzlich das Rock Hard gekauft um nach nem Review von uns zu schauen. Da hat doch tatsächlich ein Typ einen Leserbrief geschrieben und sich beschwert, dass der Sänger von Amon Amarth ja Wasser in seinem Trinkhorn habe, und dass das ja wohl Verarsche sei! Was willst Du dazu noch sagen?

TJ: Wenn ich schon so Kategorien wie „True Metal“ lese krieg ich schons kotzen!

JR: Ne, ist im Prinzip ja Rassismus. Wie man das auch alles sehen mag, Musik ist ne Kunstform, da sollte sich niemand limitieren und Grenzen aufzeigen und deswegen find ich’s auch immer cool, wenn wir ne Show spielen und im Publikum sind Leute mit Ramones und Slayer Shirts…

TJ: Genau, und Du spielt idealer Weise an einem Abend mit verschiedenen Bands, Emo, Death Metal oder was weiss ich denn, Deafcon X haben z.B. nen DJ…

JR: Das ist cool!

TJ: Wenn ich schon immer höre wenn Leute über die Emil Bulls abkotzen nur weil die nen DJ haben oder weil Leute die falschen Klamotten oder Frisuren haben – Aaaaaaghhhh!

TJ: OK, machen wir hier mal nen Break, ich frage mal was ganz anderes: Wie siehts denn so aus mit Label Support, ich denke für Euch wäre es ne ideale Sache ein paar Wochen mit ner größeren Band auf Tour zu gehen und andere Leute zu erreichen. Ist da was in Arbeit?

JR: Allen hängt sich da schon ordentlich rein und hat wohl auch ein paar Optionen, von Shadows Fall hat er mal was gebrabbelt… Aber wir warten jetzt nicht auf die eine Support-Tour sondern lassen unseren Booker für Februar und März alles zupacken mit Einzelshows. Wenn sich was Größeres ergibt, dann nehmen wir das natürlich mit. Silverdust ist jetzt aber auch kein Major, dass uns da jetzt groß auf ne Riesentour einkaufen kann.

TJ: Naja, was heißt groß einkaufen, ich denke, das muss einfach in Relation stehen. Wenn Ihr jetzt mit irgendeiner Death Metal Combo auf ne Tour gehen würdet, wo ihr viel BuyOn zahlen müsstet, dann würde ich verstehen, wenn das Label sagt, dass es dafür keine Kohle rausrückt. Wenn aber das mit Shadows Fall klappen würde, dann wüsste das Label auch, dass da Volk anwesend wäre, das auch was mit Euch anfangen könnte…

TJ: Du hast ja selbst lange Zeit die geschäftlichen Belange der Band geregelt und mit Paranoize zusammen mit Mighty von Redrum Inc. auch Booking für größere Bands wie Crowbar und Hatesphere gemacht. Wie kommts, dass Du jetzt recht schnell aufeinander alles abgegeben hast; das Management an Allen und auch das Booking machst Du jetzt nicht mehr selbst?

JR: Ich hab ja auch noch ein anderes Leben nebenher! Ich studiere Sozialpädagogik, was ich auch irgendwann mal zu Ende bringen möchte, denn so ne abgeschlossene Berufsausbildung ist nicht verkehrt, weil ich genau weiß, dass ich nicht bis ins hohe Alter den Rocker geben werde und man muss ja von irgendwas leben, ich muss irgendwann auch mal Kohle haben. Es ist nicht das wahre immer nur irgendwelche Tagelöhner-Jobs zu haben um nur so über die Runden zu kommen. Dann hab ich auch bei dem Booking-Ding so viel reingebuttert, da ist aber nie wirklich was dabei rübergekommen, selbst bei so Sachen wie Crowbar, da die ja zu der Zeit kein Label hatten. Mit Koroded war es lange Zeit so, dass ich echt alles gemacht habe, Booking, Mangement und bis zu nem gewissen Grad eben auch Label und das einem mit der Zeit auch irgendwie über den Kopf wächst. Und meine Jungs haben mir zwar vordergründig nie Vorwürfe gemacht, wenn mal was schief gelaufen ist, aber ich hab mich dann eben immer schuldig gefühlt. Es gibt Bands, die das gut auf die Reihe bringen, Converge oder so, aber das ist eben auch ein anderer Staat hier. Durch den Deal war es schon ok, die Sachen abzugeben an Leute, die sich auf die einzelnen Sachen konzentrieren können und dafür auch entsprechend mitverdienen, das ist schon ok so. Ich hab dadurch eben wieder Zeit für mich, meine Freundin und meine Freunde.

TJ: Wie ist es denn bei Euch so, Du hast ja vorhin schon angesprochen, dass Du schon darüber nachdenkst, was nach der Band kommt und Du Dein Studium schon ernst nimmst. Was wäre, wenn Achim oder Allen jetzt mit nem Angebot kommen würde: drei Monate Europa-Support-Tour für Band X. Würdet Ihr das machen? Da müsste man ja dann schon die Jobs knicken und wer weiss, ob die Freundin das mitmachen würde.

JR: Klar, würden wir auf jeden Fall machen! Wir haben uns da auch drüber unterhalten und ziehen da an einem Strang, der einzige der wirklich nen Job hat, ist der Rainer (Maler und Anstreicher), Andi ist quasi Hilfsarbeiter, Ben gibt Schlagzeugunterricht und ist somit sehr flexibel und ich studiere, da kann man schon mal ein Semester aussetzen.

TJ: Das ist bei uns dann schon so, dass wir das alle wohl gerne mal machen würden, aber unsere Jobs würden wir eben nicht hinschmeißen wollen. Bei uns geht dass nur in Kombination, wir würden dann eben versuchen uns drei Wochen in die Tour zu arrangieren und hoffen, dass das möglich ist.

JR: Klar, für uns wäre das auch keine leichte Entscheidung, aber wir würden es machen – auch wenn wir uns durchaus bewusst sind, dass uns das auch privat in Schwierigkeiten bringen würde! Und es ist eben auch nicht so, dass es da nur ent- oder weder gibt, man kann sich da bestimmt arrangieren und muss vielleicht auch gar nicht alles hinschmeissen…

TJ: Neu ist bei auch der Schriftzug. Wie kams denn dazu, Ihr hattet ja jahrelang den alten und damit auch wirklich stylishes Merch?

JR: Ich denke, dass ich schon längere Zeit nicht mehr so glücklich mit dem Schriftzug war. Das Logo fand ich immer geil, aber der Schriftzug wurde damals eben genommen und wir haben uns damit arrangiert. Mir war er aber irgendwie immer zu klotzig und gerade. Und der Phil von NME Mine hat das Layout für die CD gemacht und meinte so: „Hey, Euer Schriftzug ist Scheiße, soll ich Euch nicht was Neues machen?“ Und der ist richtig fett geworden, er passt viel besser zur Musik, ist aggressiver, dreckiger und kaputter.

TJ: Ich fand ja Bands auch immer cool, die ihren Schriftzug oder ihr Design auch mit jedem Album wieder gewechselt haben… Prong, Voivod…

JR: Fear Factory…

TJ: Genau…. Das hat schon was!

TJ: In nem anderen Interview hast Du gesagt, dass Du, wenn Du es könntest, sofort Fernsehen und Geld abschaffen würdest. Fand ich krass! Ich seh den Grundgedanken dahinter, weil Geld und die Gier danach die Leute und die Gesellschaft vergiftet – aber Fernsehen? Würdest Du da unterscheiden zwischen Berieselungs-Fernsehen und Film? Ich z.B. könnte mir ohne weiteres vorstellen ohne den ganzen Privatfernsehen-Dreck zu leben, aber als Medium zur Information mit Nachrichten etc. oder als Filme bzw. Kino würd mir derbe was fehlen!

JR: Ich hab ja auch nicht gesagt Filme, eher so das Fernsehen an sich. Ich habs ja noch mitbekommen, wie es war nur mit drei Programmen, morgens nur Schulfernsehen und eigentlich erst so ab 16 Uhr Programm. Und über meine Großeltern und Eltern hab ich noch mitbekommen, dass es Zeiten gab, in denen sich die Leute abends getroffen haben um sich zu unterhalten, was zu spielen und das geht alles vollkommen verloren. Jugendlich lesen kaum noch und ziehen sich nur noch den ganzen Fernsehdreck rein, das vergiftet uns alle und ich mein das ernst, ich find das echt beschissen! Deswegen also dieses radikale Statement es total abzuschaffen.

TJ. Ich möchte ja gar nicht wissen wie viele Leute sich oder andere töten würden!

JR: Vielleicht würden die Leute aber auch ganz andere Möglichkeiten oder sich selbst ganz neu entdecken. Bei vielen Leuten ist es doch so, dass die ihren Job machen, heimgehen, dort ihr Essen vor dem Fernseher einnehmen und die Glotze dann auch nicht mehr ausmachen, bis sie ins Bett gehen. Das ist doch meist nur plakativer Schund, bunt, laut und „Sabine kriegt neue Titten“ und nackt und bla… Man wird nur zugeballert und zwischendrin auch noch mit Werbung bombardiert. Warum gibt’s die privaten Sender? Die finanzieren sich zu 100% durch Werbung, da gehts darum den größten gemeinsamen Nenner und möglichst viel Publikum für die beworbenen Produkte zu finden. Sendung und Werbung vermischt sich mehr und mehr, Konsum ist das bestimmende Thema. Ich liebe Filme auch über alles und z.B. so Sachen wie die Simpsons, aber das ist eben nur ein winziger Anteil, oder auch so Sachen wie schöne wissenschaftliche Sendungen und mal Formate vergleicht „Quarks & Co.“ und „Galileo“ oder son Magazin wie „Monitor“ und dann „Action-News“ auf RTL 2, da tun sich doch Abgründe auf! Ich fänds auch echt nicht schade wenn unsere Politiker hingehen würden und Sender dichtmachen würden, die wir durch unsere Rundfunkgebühren finanzieren und die an sich nen Bildungsauftrag haben und den aber meist nicht erfüllen und blöden privaten Formaten hinterher eifern. Fänd ich nicht schade! Scheiß auf die alle! Ich find auch diese Szenen in Terminator 1 so cool, wo er mit diesen zwei Kalaschnikows durch die Polizeistation geht und in jedem Büro alle umnietet, das fände ich cool, wenn das mal jemand bei RTL machen würde! Das Überwachsungsvideo würd ich mir stundenlang anschauen. Ist jetzt natürlich nicht ernst gemeint, aber irgendwie hasse ich den ganzen Dreck!

TJ: Wenn man dann auch Quoten von so gehirntoten Sendungen hört, z.B. diese verachtenswerte „Dschungel-Show“ hatte stellenweise 5 Millionen Zuschauer! Wer will denn bitte sehen, wie irgendwelche B-Promis Känguru-Hoden frisst? Warum? 5 Millionen Leute? Aber was anderes: wo Du grad den Terminator ansprichst, hast Du nen Lieblingsfilm?

JR: Verdammt viele…

TJ: Cool, das war genau die richtige Antwort!

JR: Der coolste Film, den ich 2004 gesehen habe, war wohl „21 Gramm“… und „Mystic River“ war auch cool.

TJ: Und was war das letzte Album, das Dich völlig umgehauen hat und von dem Du glaubst, dass Du auch noch in Jahren ne hohe Meinung von der CD hast?

JR: Twelve Tribes find ich sehr cool! Die fand ich sehr erfrischend...

TJ: Hier, meine Abschlussfrage wäre, wo wir beide große Suicidal-Fans sind, was ist Dein Lieblings ST-Album?

JR: Boah, das ist auch gemein… Ich glaub „The Art of Rebellion“!

JR: OK, meine Abschlussfrage: Was würdest Du ner Band ans Herz legen, die grade anfängt Musik zu machen und am Anfang steht?

TJ: Ich denke das wichtigste ist zu machen was aus Dir heraus kommt und nicht darauf zu schielen, was gerade angesagt und erfolgreich ist. Klar man hat so seine Inspiration und das ist anfangs bestimmt auch prägend, aber ich denke über die Zeit sollte man seine eigene Ausdrucksweise und seine eigene Identität finden. Was ich immer langweilig oder sogar schlimm fand, sind Bands, die tolle Musiker sind, aber keine Identität haben. Die können durchaus ne tolle Live-Band und voll die Chefs an ihren Instrumenten sein, aber ich finds einfach schade, wenn man sich selbst nur über einen andere Band oder ein Genre definiert, Coal Chamber fand ich immer so ne Band, oder – so nett die Jungs auch sind und so gut wir mit ihnen auskommen – auch Ektomorf. Epigone ist das Wort. Was ich auch wichtig finde, ist das Du Dich auch regional über Deinen Tellerrand hinaus orientierst und Dein Netzwerk aufbaust. Wenn man nur immer vor den eigenen Kumpels spielt, dann kriegt man nie ne halbwegs objektive Meinung, die klopfen einem immer auf die Schulter. Wenn Du mal in nem Club am Arsch der Welt die zwanzig zum Saufen gekommenen Leute vor die Bühne holst und mit ihnen abgehst, dann weiß man auch, was man hat. Das war für uns jedenfalls extrem wichtig.

Das Interview führten Thomas Jentsch und Jan Röder.

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